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Die Winzer rücken zusammen
Donnerstag, März 5th, 2015Die Weinwirtschaft ist im Umbruch. Um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können, sind eigenständige innovative Produkte von hoher Qualität gefragt. Dadurch steigen die Ansprüche in der Kellerwirtschaft. Die Betriebe sind gezwungen, die Wirtschaftlichkeit zu steigern, damit investiert werden kann und gleichzeitig die Trauben liefernden Mitglieder angemessen entlohnt werden können. Das ist ein Spagat, der viele Betriebe in wirtschaftliche Bedrängnisse führt. Der Strukturwandel ist in vollem Gange: Die Betriebe sind zum Handeln gezwungen und die Geschwindigkeit der Abläufe nimmt zu. Der Trend geht dabei immer mehr zu Kooperationen und Fusionen, oft zum Leidwesen der Winzer, die sich über die anstrengende Arbeit durch das Jahr stark mit ihrer Umgebung, ihrem Produkt und ihrem Betrieb identifizieren und sich aus diesem Grunde in turbulenten Generalversammlungen mit ihrer Gegenstimme auch schon einmal gegen eine sinnvolle Fusion wehren. Aktuell gibt es Beispiele, die scheiterten und ebenso welche, die neue Wege aufzeigen: Beispiel Winzerkeller Hex vom Dasenstein in Kappelrodeck: Die Waldulmer gelten mit rund 200 Mitgliedern und einer Rebfläche von 130 Hektar als eine durchaus kleine Winzergenossenschaft mit dem Schwerpunkt Spätburgunder. Die Ortsränder der beiden Weinbaugemeinden grenzen aneinander und zwischen den Ortszentren liegt allenfalls eine Strecke von 1,5 Kilometern, was jedoch nichts über die eigentliche Distanz zwischen den beiden Gemeinden aussagt. Schließlich führte die innige Identifikation der Waldulmer mit dem eigenen Produkt vor rund zwei Jahren zu dem Entschluss, bereits in einer Art Vorabstimmung das Projekt zum Schelten zu bringen und die eigenen Weine weiterhin allein hoch zu halten. „Ich bin zuversichtlich, dass wir als Kleinbetrieb mit einem hohen Niveau bei Qualität und Preis durchaus unsere Berechtigung haben werden. Bei den Auszahlungspreisen liegen wir auch im oberen Bereich“, urteilt Vorstandsvorsitzender Georg Börsig von der Winzergenossenschaft Waldulm. Die zurückliegende Krise 2008 habe man nicht zu spüren bekommen, allerdings lasse die Kundentreue in dem immer mehr globalisierten Markt auch nach.
Die Ablehnung der Waldulmer wiederum zwang die Produzenten der „Hex“, sich nach neuen Möglichkeiten umzusehen. Denn in der Ortsmitte platzt der Winzerkeller trotz grundlegender Erneuerung des Kellers an dem historisch angestammten Platz aus allen Nähten.
Macht dieser Streit mein Leben letztendlich besser oder schlechter?
Samstag, Januar 17th, 2015Jeder in unserer diskussionsfreudigen Familie weiß inzwischen, dass Streit normal und gesund ist. Wo aber ist für mich das Limit überschritten? Meine persönliche Grenze finde ich durch folgende Frage heraus:
Macht dieser Streit mein Leben letztendlich besser oder schlechter?
Streiten macht mein Leben schlechter, wenn wir einfach nur schimpfen und nörgeln ohne selbst zu wissen warum. Wenn wir uns dadurch völlig grundlos die gute Laune und die Chance auf ein paar schöne Stunden kaputt machen.
- Streiten macht mein Leben schlechter, wenn jemand dauerhaft geschwächt oder erniedrigt wird.
- Streiten macht mein Leben schlechter, wenn der Streit meiner Beziehung zu meinem Mann oder den Kindern schadet, statt uns zu stärken und unsere Konfliktfähigkeit zu trainieren.
- Streiten macht mein Leben schlechter, wenn unser Streit das Problem vergrößert, statt uns einer Lösung näher zu bringen.
Ich so endlich meinen inneren Schweinehund überwinde und mich einem Problem stelle, vor dem ich sonst immer die Augen verschließe und dadurch wachgerüttelt werde und jemandem zuhöre. Dessen Probleme ich vorher übersehen habe unsere Kinder merken, dass solche Szenen zum Leben dazugehören und irgendwann auch wieder vergehen. Uns die anschließende Versöhnung das Gefühl gibt, noch enger zusammengerückt zu sein. Es zeigt, dass in unserer Familie jeder seine Meinung sagen darf und dass es gute Argumente für beide Positionen geben kann.
Glaubensfrage
Donnerstag, Januar 8th, 2015Vor dem Europaparlament hielt der Papst Ende November eine Art vorgezogene Weihnachtsansprache. Das katholische Oberhaupt forderte von den Europäern einen verstärkten Einsatz für die ,,Würde“ des Menschen und beklagte die „barbarische Gewalt“, der „besonders die christlichen Minderheiten in verschiedenen Teilen der Welt“ ausgesetzt seien. Er pries in diesem Zusammenhang das Christentum als eine Art Impfstoff gegen den Extremismus, was er selbstverständlich etwas filigraner formulierte: Europa solle „sich die eigenen religiösen Wurzeln zunutze“ machen, um „leichter immun zu sein gegen die vielen Extremismen, die sich in der heutigen Welt“ verbreiteten. Seine Conclusio: „Es ist gerade die Gottvergessenheit und nicht seine Verherrlichung, die Gewalt erzeugt“, zitierte er seinen Vorgänger. Man kann dem wichtigsten Werbeträger einer Institution nicht verdenken, dass er für diese mit wohlgesetzten Worten wirbt. Das gilt für den Papst, wie es für einen Sportfunktionär gälte, der selbstverständlich die von ihm vertretene Sportart rühmen und die Schädigungen verschweigen würde, die einträten, wenn man ihr in einem übertriebenen Maß nachginge. Leider hat die übertriebene Verherrlichung Gottes mehr Opfer gekostet als jeder Sport. Dass über die Papstrede keine Diskussion entstand, kann mit zwei Phänomenen zu tun haben: mit der Popularität dieses sympathischen, unkonventionellen Menschen sowie dem medialen Hochgeschwindigkeitszug, der wegen solcher komplizierter Gedanken nicht anhält. Es lohnt aber innezuhalten. Eine der großen Fragen des vorigen Jahrhunderts war die nach Wesen oder Unwesen des Kommunismus. Haben der Realsozialismus in der Sowjetunion oder der Steinzeitkommunismus unter Pol Pot in Kambodscha das Wesen dieser politischen Heilslehre entstellt oder auf tragische Weise freigelegt? Philosophen haben darüber diskutiert. Die klarste Antwort gab die Realität: die nicht mehr vorhandene Bereitschaft der Menschen, sich für ein erneutes sozialistisches Experiment zur Verfügung zu stellen. Der Minimalphilosoph Norbert Blüm brachte die Niederlage des Sozialismus auf die Kurzformel: „Marx ist tot, Jesus lebt.“
Die Frage nach Wesen und Entstellung wird heute wieder aufgeworfen. Nur müssen sich nun gläubige Menschen mit ihr auseinandersetzen. Also Menschen, die – egal welchen – Gott „verherrlichen“, um beim Papst zu bleiben. Die Grundannahme, die Gottvergessenheit und nicht die Gottesverherrlichung erzeuge Gewalt, widerspricht der Erfahrung der letzten Jahrzehnte. Im Gegenteil. Man könnte beinahe ein mechanisches Gesetz über das Verhältnis von Glauben und Gewalt formulieren: je dichter die Anzahl der Verherrlichen Gottes, desto größer die Gefahr der Gewalt.